Wer schreibt wie – Tageszeitungsjournalismus


Wer schreibt wie – Tageszeitungsjournalismus

Name: Karin Hautzenberger-Steinmetz

Branche: Tageszeitungsjournalismus

Als Redakteurin für das Kärnten-Ressort der Kleinen Zeitung schreibe ich vorwiegend über tagesaktuelle Geschehnisse, sowohl für die gedruckte Zeitung als auch für die Online-Ausgabe. Außerdem bin ich für unsere Mundart-Serie „Auf guat Kärntnerisch“ verantwortlich. Dabei ist es meine Aufgabe, die zahlreichen Einsendungen an Dialekt-Wörtern, -Sprüchen und -Gedichten unserer Leser für die Zeitung aufzubereiten. Parallel dazu ist in der Edition Kleine Zeitung ein Kärntner-Mundart-Wörterbuch mit dem Titel „Leck Buckl“ entstanden, das im Buchhandel erhältlich ist.

 

KarinHFoto: Privat

 

Welche Schritte sind für eine fertige „Geschichte“ notwendig?

  • Recherche (vor Ort, im persönlichen Gespräch oder Interview, auf Pressekonferenzen oder bei anderen Terminen, online oder in Archiven – je nach Art des Berichtes)
  • Faktencheck, Befragung der Gegenseite(n)
  • Fotografieren, Beauftragen eines Fotografen oder Organisieren von Bildmaterial
  • Schreiben
  • Gegenlesen lassen

 

Reportagen, Artikel, Berichte und mehr, gibt es von der Schreibe her markante Unterschiede?

Das Wort Artikel wird meist als Sammelbegriff für die unterschiedlichen journalistischen Textformen verwendet. Da in einem Bericht sachlich, kurz und objektiv ein Ereignis beschrieben wird, sind die Sätze meist kurz, prägnant und ohne große stilistische Ausschweifungen. Denn der Bericht soll in erster Linie informieren. Eine Reportage hat zusätzlich den Anspruch, dem Leser einen näheren Eindruck vom Ort des Geschehens und von den Ereignissen selbst zu geben. Diese ist daher meist auch länger als ein klassischer Bericht. Persönliche Eindrücke des Verfassers können darin vorkommen, allerdings nur zum Zweck der näheren Umschreibung und bildhaften Darstellung. Bewertung und Meinung kommen darin – genauso wie im Bericht – nicht vor. Dafür sind Kommentare oder Glossen vorgesehen.

 

Abgesehen vom Inhalt, wird in den einzelnen Ressorts „unterschiedlich und anders“ geschrieben?

Ja und nein. Natürlich wird jemand aus dem Sport-Ressort, der etwa über ein Autorennen berichtet, mehr aktive Begriffe und kürzere Sätze verwenden, um die Schnelligkeit des Ereignisses stilistisch zu unterstreichen, als ein Kulturredakteur, der die Exponate einer Ausstellung beschreibt. Aber das bringt meiner Meinung nach eher die Sache, über die berichtet wird, mit sich, als das Ressort selbst.


Wie sind Artikel aufgebaut (strukturelle Abfolge)? Gibt es ein bestimmtes Schema? Wenn ja, wie sieht dieses aus? Ist diese Abfolge bei allen Ressorts gleich?

Das Wichtigste sollte immer am Beginn stehen. Die ersten Sätze sind ja entscheidend dafür, ob der Leser weiter liest oder nicht. Daher muss man dadurch sein Interesse wecken. Danach wird der Sachverhalt geschildert, Für und Wider werden abgewägt, interviewte Personen kommen zu Wort. Den Schluss können ein zusammenfassendes Fazit, eine Pointe oder eine Vorausschau auf bevorstehende Ereignisse bilden. Man sollte sich aber davor hüten, im letzten Absatz seine eigene Meinung zum Thema kundzutun. Das mag in manchen Schulaufsätzen gewünscht sein, in der Zeitung sind aber dafür wie gesagt Kommentare und Glossen vorgesehen. Einen Sonderfall stellt natürlich die Kulturkritik dar, in der sehr wohl kommentiert wird. Ansonsten gibt es grundsätzlich keine Unterschiede. Aber natürlich werden unterschiedliche Textformen aufgrund verschiedener Themengebiete in den einzelnen Ressorts auch unterschiedlich oft verwendet.

 

Gibt es DEN „Zeitungsstil“?

Meiner Meinung nach schon. Denn je nachdem, für welche Zielgruppe man schreibt, muss man seine Texte entsprechend anpassen. In einem Fachmagazin für Mediziner etwa ist es sehr wohl legitim, längere Sätze und kompliziertes Fachvokabular zu verwenden, während man in einem medizinischen Bericht in einer Tageszeitung darauf verzichten muss, um auch nicht fachkundige Leser ausreichend informieren zu können. Aber selbstverständlich setzt sich der Stil der gesamten Zeitung auch aus den vielen unterschiedlichen Stilen der einzelnen Journalisten zusammen.

 

Ganz persönlich

Welche Geschichte hat mich bis heute am meisten beeinflusst und warum?

Da ich seit 18 Jahren als Journalistin arbeite, gibt es da nicht „die eine prägende Geschichte“. Aber es gab Themen, die einen länger begleiten. Derzeit sind das bei mir etwa die Dialekt-Serie, aber auch verschiedene Umweltthemen. In der Vergangenheit geprägt haben mich sicher die Jahre im Regionalbüro St. Veit, aber auch meine ersten Schritte bei der Kleinen Zeitung, als ich eine Krampus- und eine Kaufmanns-Serie betreuen durfte. Als ich damals erfuhr, dass die Kinder in den Schulen die Krampus-Fotos ausschneiden, sammeln und tauschen wie heute Fußball-Pickerl, hat mich das irrsinnig gefreut – genauso wie heute, wenn Leute anrufen, Mails oder Briefe und Postkarten schreiben, in denen sie sich dafür bedanken, dass wir den Dialekt wieder aufleben lassen. Das bestärkt einen in dem, was man tut.

 

Welche Themen reizen mich?

Das Dialekt-Thema finde ich als Germanistin spannend. Und da wir in einem sehr schönen Land leben, in dem der Tourismus einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor darstellt, ist es meiner Meinung nach wichtig aufzuzeigen, wenn diese natürlichen Schönheiten in Gefahr gebracht werden. Außerdem mag ich es, Reportagen über besondere Menschen, besondere Orte, besondere Ereignisse oder Schicksale zu verfassen.

 

Welche Inhalte sind für mich wie ein rotes Tuch?

Grundsätzlich gibt es so etwas nicht, da es unser Job ist, den Leser zu informieren und man daher vor keinem Thema Scheu haben darf. Was ich aber ablehne, sind Berichte, in denen die Würde eines Menschen verletzt wird oder ethische und moralische Grenzen überschritten werden.

 

Kurz und knapp – der abschließende Schreibsteckbrief

Meinen Stil beschreibe ich als …
knapp und einfach; bildhaft, wenn es Thema und Textlänge zulassen

Lange Sätze sind für mich …
unnötig, sie behindern den Lesefluss.

Eine Überschrift soll …
Interesse wecken

Zeichenbeschränkung bedeutet für mich …
Alltag – und ein zusätzlicher Grund, sich beim Schreiben auf das Wesentliche zu beschränken

Einfach oder kompliziert …
einfach

 

So schreibe ich

Ist unser Kärntnerisch noch zu retten . . .

. . . und muss man das überhaupt? Wissenschaftler erforschen im Rahmen eines neuen, großangelegten Projektes, wie sich unsere Sprache in Österreich verändert. Typisch Österreichische Begriffe werden nun im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprojektes analysiert.

Gekocht wird im Topf statt in der Rein. Ribisel heißen plötzlich Johannisbeeren und schmecken lecker statt guat. Und als Schulnote bekommt man eine Eins statt einen Einser. Die Sprache in Kärnten und Österreich scheint sich derzeit besonders schnell zu verändern. Die Abgeschiedenheit von Alpentälern gehört in Zeiten von Internet, Facebook und Co. der Vergangenheit an und im EU-Binnenmarkt verschwimmen sprachliche Grenzen immer mehr. Zeitschriften, Fernsehen, Bezeichnungen im Supermarkt zeigen: Auch „deutsches“ Deutsch ist in Österreich gang und gäbe.

„Sprache verändert sich sowieso dauernd. Während das für Linguisten ein völlig normaler Vorgang ist, ist das für viele Menschen emotional ein Problem, weil sie glauben, dass die Sprache stirbt“, erklärt Manfred Glauninger, Sprachwissenschaftler an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und am Germanistik-Institut der Uni Wien. Aber ist diese Sorge begründet? Und welche Veränderungen und Einflüsse sind für die deutsche Sprache in Österreich prägend? Solchen Fragen gehen Wissenschaftler in ganz Österreich nun nach – und zwar im Rahmen des neuen Spezialforschungsbereiches „Deutsch in Österreich – Variation, Kontakt, Perzeption“, bei dem die Universitäten Wien, Graz und Salzburg sowie die Österreichische Akademie der Wissenschaften zusammenarbeiten.

Dialektsprecher gesucht

„Dabei soll unter anderem mit modernen Methoden die Vielfalt der deutschen Sprache in Österreich erhoben und untersucht werden“, sagt Glauninger. Im Rahmen des Teilprojektes „Variation und Dialektwandel in Österreich“ werden zum Beispiel Erhebungen durchgeführt, bei denen Sprachproben von Dialektsprechern unterschiedlicher Altersgruppen aufgenommen und analysiert werden. Um an den Befragungen teilzunehmen, kann man sich auf www.dioe.at anmelden. Auf dieser Homepage, die auch eine digitale Forschungsplattform für den gesamten Spezialforschungsbereich sein wird, sollen schließlich die Ergebnisse in Form eines sprechenden Sprachatlas von ganz Österreich präsentiert werden.

Nicht nur die digitale Aufarbeitung des Themas ist einzigartig. Erstmals wird auch österreichweit analysiert, welche Einstellung Menschen zu unterschiedlichen Erscheinungsformen (Varietäten) der deutschen Sprache haben. Die Forschungsteams berücksichtigen sowohl den ländlichen als auch den städtischen Raum. Weitere Teilprojekte befassen sich unter anderem mit dem Repertoire an Varietäten (vom Dialekt bis zum Hochdeutsch) oder dem Kontakt zwischen dem Deutschen in Österreich und slawischen Sprachen. Thema ist auch die deutsche Sprache im Habsburgerreich.

Die Wahrnehmung von und Einstellung zu Varietäten von Sprachen in österreichischen Schulen wird ebenfalls untersucht. Insgesamt gibt es neun Teilprojekte. Glauninger: „Der Spezialforschungsbereich läuft in einer ersten Phase vier Jahre lang. Eine zweite Phase wird bei Bewilligung umgesetzt “

Quelle: Erschienen am 1. Mai 2016 in der Kleinen Zeitung Kärnten

 

W.H.

Bin federführend, das Projekt Buchwurm ist eine ganz persönliche Herzensangelegenheit. Schreiben bedeutet für mich, sich auf Perspektiven einzulassen, Sichtweisen anderen gegenüberzustellen oder miteinander neu zu verfassen. Schreiben bedeutet aber auch, Verflechtungen von Gedanken in der Welt von heute neu zu ordnen.

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Wer schreibt hier

Wolfgang Hoi: Blogger, Zeilenmacher und Geschichtendenker.

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"Es ist mehr als nur Fantasie, die den Buchstaben innewohnt. Es ist jeder einzelne Charakter, der den Feinschliff der Verwendung erhält. In seiner Kombination unverwechselbar und konkret."

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